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Konstruktive Exkursion mit Motivation für Veränderung

Nachhaltige Landwirtschaft im Fokus: Ein Erfahrungsaustausch mit Walter Vogel und Urban Dörig


Auf einer Inspirationsexkursion an einem kalten Januartag bekamen wir einen Einblick in die Bewirtschaftung zweier Betriebe unserer Region von Walter Vogel und Urban Dörig, die sich für nachhaltige Landwirtschaft und den Erhalt der Biodiversität einsetzen.


Die Betriebsführungen boten Einblicke in Herausforderungen, innovative Lösungen und die Notwendigkeit einer umweltfreundlichen Landbewirtschaftung.




Walter Vogel - Ein Milchvieh- und Ackerbauer auf dem besten Weg zum Bio-Betrieb: Walter Vogel bewirtschaftet mit seiner Familie und einer Betriebsangestellten einen 50 Hektar grossen Milchvieh- und Ackerbaubetrieb in Hettlingen ZH. Sein Betrieb befindet sich derzeit in der Umstellung auf Bio. Zu den Schlüsselaspekten seiner nachhaltigen Praktiken ist die permanente Weidehaltung in den Sommermonaten der Tiere und die regenerative Bewirtschaftung seiner Ackerbaukulturen. Walter Vogel scheint offen zu sein für neue Ideen in der Landwirtschaft. Er probiert gerne Neues aus und liest Fachbücher, um besser zu verstehen, wie seine Kühe tatsächlich funktionieren. Dabei scheut er nicht davor zurück, auch mal einen Schritt zurückzutreten und zu überdenken, ob eine bestimmte Methode für seinen Standort denn überhaupt sinnvoll ist. Deutlich wurde auch, dass für ihn die Familie, die soziale Nachhaltigkeit in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Durch innovative und angepasste Betriebszweige und die Anstellung von Mitarbeitenden ist es der Familie sogar möglich, auch mal in die Ferien zu gehen.


Fasziniert erzählt er uns über die Veränderungen im Stall und wie sich die Kühe dabei verhalten haben. Die Tiere hätten in kürze gewusst, dass sie bevor sich das Weidetor öffnet zuerst zum Melkroboter gehen müssen. Dies fördert nicht nur die Autonomie der Tiere, sondern ermöglicht es ihnen auch, selbstständig in den frühen Morgenstunden auf die Weide zu gehen.




Ein wenig ernüchternd war für ihn bei der Umstellung auf Bio, die Reduzierung der Milchproduktion von etwa 30 Litern auf rund 24 Liter. Man gewöhne sich aber schnell daran und den Tieren ginge es ja auch nicht schlechter dabei. Walter setzt auf lokale Futterproduktion vor Ort und nutzt innovative Methoden wie Drohneneinsatz zur Aussaat von Untersaatmischungen. Diese Massnahmen tragen dazu bei, den Boden zu schützen und die Pflanzenvielfalt zu fördern.


Es werden Lösungen für eine nachhaltige Futterproduktion diskutiert. Vielleicht wäre eine Möglichkeit der Zusammenarbeit von Betrieben und dem Austausch von Flächen. Die Schaffung von Kunstwiesen spielt dabei eine entscheidende Rolle. Durch eine virtuelle Fruchtfolge in der Region und die gezielte Verteilung von Nährstoffen vor Ort könnten Probleme mit Überdüngung des organischen Düngers reduziert werden. Die Verantwortung für die Bodenzuteilung könnte dabei helfen, den Einsatz von synthetischem Dünger gezielter und effizienter zu gestalten.





Die Umsetzung regenerativer Landwirtschaft, einschliesslich vegetativer Pflanzenbestände und dem Weiden von Herden von Wiederkäuern über Feldern, fördert das natürliche Wachstum der Pflanzen. Der Biss der Tiere regt das Wachstum an und stärkt die Wurzelbildung, was wiederum Erosion mindert. Ein bodenbedeckender Pflanzenbestand schützt vor direkter Sonneneinstrahlung, fördert die Photosynthese und trägt zur Bodengesundheit bei. Walter berichtet auch noch von seinen positiven Erfahrungen mit Untersaaten, wie beispielsweise:

  • Bodenschutz nach der Ernte: Nach der Ernte bleibt der Boden durch die Untersaaten begrünt. Dies schützt vor Erosion und hilft, den Boden vor Witterungseinflüssen zu bewahren.

  • Durchgehend aktive Wurzeln: Die Untersaaten sorgen für eine kontinuierliche Aktivität von Wurzeln im Boden. Dies fördert die Bodenstruktur und verbessert die Nährstoffaufnahme.

  • Anregung des Pflanzenwachstums: Die Anwesenheit von Untersaaten erzeugt einen Konkurrenzdruck zwischen den Pflanzen. Dies fördert das Wachstum der Pflanzen, da sie stärker werden, um sich in diesem Umfeld zu behaupten.





Urban Dörig - Regenerative Landwirtschaft im Fokus: Urban Dörig, Landwirt in Diessenhofen TG. Mit seiner Familie und einem Lehrling bewirtschaftet er den rund 100ha grossen Pachtbetrieb des ehemaligen Klosters St. Katharinental.


Die Bedeutung regenerativer Landwirtschaftspraktiken: Durch das Weiden von Herden von Wiederkäuern über Feldern wird nicht nur die Pflanzenentwicklung angeregt und CO2 gespeichert, sondern auch Erosion gemindert. Die Wiederkäuer werden hauptsächlich als Werkzeug genutzt, um die Biomasse umzusetzen.


Urban meint, dass die Landwirtschaft offener sein dürfte. Die Natur wirken und leben lassen, Arten einschliessen und aufbauen, nicht ausschliessen und minimieren. Auch mal einen Fehler zu machen und daraus zu lernen. Seine Herangehensweise an Unkraut als Signal für Bodenzustand und ökologische Dynamik verdeutlicht sein Verständnis für die Natur.




Gemeinsam wird die Anwendung von Biogasgülle in der Landwirtschaft diskutiert. Der hohe Stickstoffgehalt in der Gülle bedeutet nicht automatisch, dass die Pflanzen diesen aufnehmen können. Insbesondere extrem schnell wirkender Stickstoff kann negative Auswirkungen haben und sogar schädlich sein. Biogasgülle kann mit ihren kurzkettigen N-Verbindungen im Wesentlichen als "tot" bezeichnet werden. In grösseren Mengen kann sie auf bereits belasteten Böden unter anderem Keimreize für Unkraut auslösen. In kleineren Mengen auf eher unbelasteten Böden wird die Biogasgülle einen wohl unbedenklichen Schaden anrichten, aber auch keinen Nutzen bringen. Noch wichtiger als bei "normaler" Gülle ist da deshalb die Aufbereitung und Belebung dieser Gülle. Auch hier gilt, nicht die Gülle ist schlecht, sondern wie wir sie einsetzen. 





Die Wirtschaftlichkeit steht wie so an manchen Orten im Vordergrund. Urban stellt fest, dass oft viel in die Bewirtschaftung investiert wird, ohne dass entsprechend viel Nutzen daraus entsteht. Er kritisiert, dass z.B. die Gesundheit der Pflanzen durch einen Überschuss an Nitrat gefährdet werden kann. Da zu viel Nitrat für die Pflanzen giftig ist, wird überschüssiges Nitrat über die Blätter  ausgeschwitzt. Dies wiederum zieht Schädlinge, wie Läuse und Insekten mit einem einfachen Verdauungstrakt an. Sie sind auf solche Nahrung angewiesen.


Das Paradoxe liegt darin, dass die Landwirtschaft zwar wirtschaftlich funktioniert, jedoch oft auf Kosten der Umwelt geht. Das Gesetz des Minimums wird falsch verstanden. Es ist wichtig, die Natur mehr arbeiten zu lassen. Obwohl die Entscheidung, wann und wie man eingreifen sollte, komplex ist, kann man ein Vertrauen dafür entwickeln, dass die Natur selbst reguliert. Die (hohe) Kunst ist, diese Prozesse zu verstehen. In jede grössere Entwicklung, muss man aber zwingend auch die Gesellschaft einbeziehen. Auch da gilt, es kann nur funktionieren, wenn alle verstehen und mitmachen. Einschliessen, nicht ausschliessen...


Fazit: Die Erfahrungen von Walter Vogel und Urban Dörig bieten wertvolle Einsichten in die Herausforderungen und Chancen der nachhaltigen Landwirtschaft. Ihr Engagement für den Erhalt der Biodiversität und die Anwendung innovativer Methoden sind inspirierend und zeigen, dass eine umweltfreundliche Landbewirtschaftung möglich ist. Der Austausch solcher Erfahrungen kann dazu beitragen, gemeinsam zu wachsen und eine nachhaltigere Zukunft für die Landwirtschaft zu gestalten.


Wie geht's weiter?


Unser gemeinsames Streben nach Wissen und Erfahrungsaustausch begleitet den Verein AgroCO2ncept seit der Gründung. Das Teilen von positiven wie auch herausfordernden Aspekten unserer Betriebe ermöglicht es uns, nicht nur voneinander, sondern miteinander zu lernen. Denn gemeinsames Wachstum ist der Schlüssel zu einer nachhaltigen Landwirtschaft. Am 15. März 2024 wollen wir weiter über Lösungsansätze diskutieren. Jeder und jede Interessierte ist herzlich eingeladen teilzunehmen.



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